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Geschichte von Schönefeld

Das Dorf Schönefeld

Schönefeld liegt an der Parthe und über Jahrhunderte hinweg hat der Fluss die Geschichte des ehemaligen Dorfes mitbestimmt. So entwickelten sich die Auenwiesen immer wieder zu ungangbaren Sümpfen, die nicht nur durch den üblen Geruch Probleme bereiteten (Parthe = slawisch „parda“ – die stinkende).

Im 10.Jahrhundert besiedelten im Zuge der Ostexpansion vermutlich flämische Kolonialisten den Raum süd-östlich der Parthe. Auf dem Gelände, das vom Hochwasser nicht erreicht werden konnte, entstand die erste Siedlung. Nach 1136 entstand ein Gassendorf rund um den westlichen Teil der Ossietzkystraße.

In einer Erwähnung zur Geschichte Thekla’s wird 1245 über das Dorf Abtnauendorf als Anhängsel zu einem Rittergut berichtet. Der damalige Name lautete „Wognaundorf bey Schenefeld“. Die erste direkte, urkundliche Erwähnung von Schönefeld trägt das Datum 17. März 1270. Dort wird als erster Besitzer des markgräflichen Dorfes Schonenuelt „Hoier von Vrideberc“ (Hoyer von Friedeberg) genannt und die Wassermühle erwähnt. Zwischen der heutigen Robert-Blum-Straße und der Ossietzkystraße befand sich der mit Gebüsch und einigen Bäumen durchsetzte Dorfanger. Hoyer von Friedeberg baute östlich der Leostraße eine Wallanlage. Rund um den Dorfanger befanden sich Bauerngüter. Sie standen zuerst nur im Bereich des westlichen Teils der Ossietzkystraße und an der Robert-Blum-Straße. Später erfolgte die Ausdehnung des Dorfkerns in östliche Richtung wobei das Gelände östlich an der Ossietzkystraße ab dem Bereich Leostraße bis zum 17. Jahrhundert noch völlig unbebaut war.

Am 16. November 1404 belehnte Georg Albrecht von Colditz den Ratsmann Thümmel mit dem Dorfe Schönefeld, welches dann über 3 1/2 Jahrhunderte im Besitze der Familie blieb. Aus diesem Grund ließ die Familie Thümmel am Westrand des Dorfes ein Rittergut und im Jahre 1604 ein Schloß als Herrensitz erbauen. Die Schönefelder Allee (früher Lindenallee – wegen den Linden) wurde von Moritz Thümmel in den Jahren 1621/22 angelegt und verläuft auch heute noch auf dem gleichen Wege. Sie verband damals das Schloß mit Volkmarsdorf und der Stadt Leipzig.

Da der Bereich der östlichen Ossietzkystraße lange unbebaut blieb, wurde 1744 dort der heutige Friedhof Schönefeld angelegt. Der Platz rund um die Gedächtniskirche war nicht mehr ausreichend. Heute befindet sich dort nur noch das Ploßdenkmal auf dem Kirchenareal. 1857 wurde der Friedhof erweitert und die damalige Kapelle eingeweiht.

Der Herrensitz / das Schloß ist eng mit der Geschichte und Entwicklung des Dorfes verbunden. Wegen Geldnot verkaufte schließlich Carl Heinrich von Thümmel 1754 das Rittergut an den Hofrat Johann Friedrich Zeumer. 1774  ging  es an  Kanzleidirektor  Dr.  Johann Christoph Schmidt, 1781 an dessen Sohn, der es 1783 an den Leipziger Geschichtsprofessor August Wilhelm Wenck verkaufte. 1784 erwarb  Joachim  Benjamin  von  Zschackwitz das Rittergut für nur vier Jahre. 1788 bis 1794 besaß es Karoline Wilhelmine von Einsiedel, ehe  der  Leipziger  Kaufmann  Johann  Ulrich Schneider wieder etwas Stetigkeit in die Eigentumsverhältnisse brachte.

Zu dieser Zeit gehörten  zum  Rittergut  auch  eine Windmühle, eine Wassermühle und eine Schäferei. Nach dem Tod des letzten Gutsbesitzer Schneiders 1815 wurde Marianne Schneider Alleinerbin seines Vermögens – dem Dorf, Gut und dem Schloß Schönefeld. 1849 ging Schönefeld in den Besitz deren Tochter Hedwig Schneider über. Durch Heirat wurde sie später Baroness Clara Hedwig von Eberstein. Im Jahre 1900 starb sie als letzte Alleinbesitzerin des Ortes. Ihr hat Schönefeld eine Sehenswürdigkeit zu verdanken. Hinter der Gedächtniskirche (Ossietzkystraße) hat sie sich und ihrer Familie eine Pyramide als Grabstätte anlegen lassen. Diese wurde 2011 saniert. Der Baronin ist ebenfalls der Mariannenpark zu verdanken. Sie verfügte in ihrem Testament, das ihr herrschaftlicher Park (Schloßpark) und „ingleichen die alte schöne Lindenallee und – worauf mein Wunsch besonders gerichtet ist – das Stück Feld westlich der Allee so lange als möglich unbebaut – zum Rittergut und dem Stifte für alle Zeiten erhalten bleiben“.

1903 beschloß der Schönefelder Gemeindevorstand besagte Seite der Allee „als Park oder durch Anpflanzungen herzurichten“. Und so ließ die Gemeinde auf dem 200.000 qm großen Flur ab 1911 von einem Gartenarchitekten namens „Leberecht Migge“ einen Volkspark anlegen. Erst im April 1928 konnte der damalige „Volkspark Schönefeld“ endgültig fertiggestellt werden. 1931 erhielt Schönefelds grüne Oase den Namen „Mariannenpark“ (nach der Mutter von Hedwig von Eberstein – Marianne).

Ebenso erwähnenswert aus dieser Zeit sind zwei Trauungen in der heutigen Gedächtniskirche. Gottlieb Friedrich Wilhelm Wagner  und Johanna Sophia Eichel heirateten im Juni 1769 in Schönefeld. Vermutlich wäre diese Trauung für immer in den Kirchenanalen verschwunden, wenn es sich nicht um die Großeltern von Richard Wagner handeln würde. Und noch ein sehr bekanntes Brautpaar wurde in Schönefeld getraut: Robert Schumann und Clara Wieck gaben sich 1840 das Ja-Wort in der heutigen Gedächtniskirche in Schönefeld. Die Brautstühle sind heute noch in der Gedächtniskirche ausgestellt.

Mehrmals war Schönefeld auch tragischer Mittelpunkt und Opfer militärischen Ereignisse: In der ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts drangen die Hussiten aus Böhmen bis in unsere Gegend vor. Während des Schmalkaldischen Krieg 1547 hausten die Truppen von Kurfürsten „Johann Friedrich der Großmütige“ in Schönefeld und zerstörten die Wassermühle und brannten viele Häuser im Dorf ab. Im Dreißigjährigen Krieg ließ sich Wallenstein mit seinen Truppen in Schönefeld nieder, um sich am 30. Oktober 1632 die Stadt Leipzig kampflos übergeben zu lassen. Während des II. Schlesischen Krieges plünderten die Preußen 1745 und 1756 Schönefeld. Napoleon hielt einige Tage vor der Völkerschlacht eine Lagebesprechung zur Vorbereitung der Völkerschlacht im Schönefelder Herrenhaus ab. Die eigentliche Zerstörung Schönefelds in der Völkerschlacht soll am Nachmittag bis Abend des 18.Oktobers 1813 erfolgt sein.

Entwicklungsmässig diente das Dorf Schönefeld mit seinen großen Feldern über Jahrhunderte eher der Versorgung der Leipziger Bevölkerung mit Getreide (Wassermühle / Windmühle), Gemüse und Kräutern. Dagegen war die industrielle Entwicklung eher recht sparsam. Eine Wachstuchfabrik in Höhe der Dimpfelstraße, eine Ziegelei, zwei Windmühlen, eine Wassermühle – mehr war es wohl nicht. Durch den Bau der Eisenbahnlinie Leipzig – Eilenburg mitten durch die Felder des Gutsbesitzes, lohnte sich die Bewirtschaftung der Felder unterhalb des heutigen Eisenbahnverlaufes für die Bauern nicht mehr. Und so wurde die Felder an interessierte Bauherren verkauft, da sehr viel Wohnraum für die Arbeiter Leipzigs benötigt wurde. Es handelt sich um den Bereich zwischen heutiger Eisenbahnstraße und Dresdner Straße / Wurzener Straße. Die neu gegründete Gemeinde nannte sich erst „Colonie Eberstein“ und später „Neu-Schönefeld“. Später wurden auch die Felder oberhalb der heutigen Eisenbahnstraße verkauft und die Gemeinde „Neustadt“ wurde gegründet.

Durch die fehlende Industrialisierung standen große Teile der Schönefelder Flur – die einst bis zum heutigen Rabet südlich der Eisenbahnstraße reichte –  für die Schaffung von Wohnraum zur Verfügung. So entstanden besonders im Bereich Dimpfelstraße noch vor der Jahrhundertwende erste viergeschossige Wohnhäuser. Später wurde die Taubestraße und die jetzige Gorkistraße bis zum Stannebeinplatz bebaut. Auf dem Gelände östlich der Gorkistraße zwischen Kohlweg und Waldbaurstraße wurden ab 1905 mehrere Häuserblocks mit über 1680 Wohnungen geschaffen (heute „Schönefelder Höfe“).

1904 begannen die Vorbereitungsarbeiten an einem der damaligen größten Gebäude in Schönefeld – dem Rathaus. Im Juni 1905 erfolgte die Grundsteinlegung und im April 1906 feierte man die Eröffnung. Der Bau kostete damals ca. 380.000 Reichsmark.

Nach der Eingemeindung

Seit Ende des 19.Jahrhundert wurde Leipzig durch die Eingemeindung der umliegenden Dörfer immer größer. Da es wohl ziemlichen Streit und um viel Entschädigung für Schönefeld ging – schließlich hatte man erst vor kurzem ein eigenes Rathaus gebaut – kam es erst am 15.Februar 1915 zur Eingemeindung von Schönefeld nach Leipzig. Von 1924 bis 1931 entstanden die Wohnhäuser an der heutigen Schönefelder Allee, an der Paul-Heynk-Straße, den Heink-, Stöckel- und Clara-Wieck-Straße. Die Wassermühle stellt 1928 Ihren Betrieb nach über 600 Jahren ein und 1936 entstand die Eigenheimsiedlung hinter dem Friedhof.

Auch der Wohnungsmangel zu DDR-Zeiten führte zu einem neuen Bauboom in Schönefeld. Ab 1955 werden rund um die Bautzner- und Berthold-Brecht-Straße Wohnhäuser gebaut. Ab 1960 entstanden die Plattenbauten an der Löbauer Straße und zwischen 1974-80 entstand das Neubaugebiet Schönefeld-Ost mit über 4000 Wohnungen.

Schönefeld ist eine Insel – mitten in Leipzig. Andere Stadtteile gehen fast nahtlos ineinander über und nur Verwaltungsprofis kennen überhaupt Anfang und Ende. Schönefelds Umgrenzungen dagegen sind klar und fast überall sind sie grün, fast ein Drittel aller Flächen sind Auenwiesen, Waldreste, Park, Reste ehemaliger Landwirtschaft und 2000 Kleingärten.

Schickt man Fremde aus den vier Himmelsrichtungen jeweils ein paar Schritte in den Stadtteil hinein und befragt sie dann nach Ihren Eindrücken, wird jeder von ihnen scheinbar aus einer völlig anderen Welt zurückgekehrt sein:    

  • Der Besucher aus dem Norden wird meinen, Schönefeld sei eine grüne Villengegend mit einem kleinem Flüsschen, Pferden und uralten Bäumen.
  • Der Gast aus dem Osten wird den Kopf schütteln und behaupten, Schönefeld sei eines dieser DDR-Plattenbaugebiete. Jede Menge WBS-70-Platten und dazu einige Punkthochhäuser.
  • Der von Süden Einreisende wird heftig widersprechend vor allen von dichten Gründerzeithäusern berichten.
  • Der etwa vom Westen Kommende schließlich wird sie alle belächeln. Schönefeld wird er sagen, ist doch im Grunde wie ein kleines Dorf.

Ein Dorf mitten in Leipzig – mit echtem Schloß, imposanten Rathaus, Wassermühle und schöner Kirche. Ja was denn nun? Villengegend? Plattenbaugebiet? Gründerzeitviertel? Dorf?

Nun, Schönefeld ist jedes einzelne davon und jedoch alles zusammen. Schönefeld ist ein Stadtteil mit erstaunlicher Vielfalt.

Wer noch mehr Details zu Schönefeld erfahren möchte, empfehlen wir das „Lexikon Schönefeld“ vom Verlag Pro Leipzig.


Quellen:

– „Album der Rittergüter und Schlösser des Königreichs Sachsen“, herausgegeben von G.A. Poenicke – „725 Jahre Schönefeld“, herausgegeben vom Bürgerverein Schönefeld e.V. 1995 – „Schönefeld – Eine historische und städtebauliche Studio“, herausgegeben vom Verlag PROLine 1996 – Fotodokumente mit freundlicher Genehmigung des „Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig“